Fachkräftemangel in Kliniken: wie geht es weiter?

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Fachkräftemangel in Kliniken: wie geht es weiter?

Fachkräfte in Kliniken sind knapp. Das war schon vor der Corona-Pandemie der Fall, doch in den letzten beiden Jahren wurde das Pflegesystem noch deutlich stärker herausgefordert und an seine Grenzen gebracht - meist auf Kosten der Mitarbeiter. Es ist an der Zeit zu handeln und insbesondere die hohe Arbeitslast der Pflegekräfte zu reduzieren, sonst droht die nächste Versorgungskrise.

Ob Medizinern oder Pflegern, ihnen wird täglich ein extrem hohes Leistungsniveau abverlangt. Denn der Wettbewerb in der Kliniklandschaft ist groß. Folgen sind eine hohe Fluktuation und lange Vakanzzeiten offener Stellen. Neue Fachkräfte zu gewinnen und sie auch langfristig an das Unternehmen zu binden, stellt daher eine der größten Herausforderungen für das Management und die Personalabteilung von Kliniken dar. Auch wenn der Ärztemangel im Vergleich zu fehlendem Fachpersonal in der Krankenpflege nicht ganz so hoch ist, wird auch er in den nächsten Jahren zu Problemen führen. Unser Gesundheitssystem, wie es derzeit existiert, ist nicht zukunftsfähig, darin sind sich Experten einig.

Fast 1 Million Fachkräfte werden 2030 fehlen

Weder der wachsende Kostendruck durch den demographischen Wandel noch der medizinische Fortschritt führen in den kommenden Jahren zu Problemen, sondern es wird der massive Personalmangel sein, der das Versorgungsniveau nicht aufrechterhalten kann. Studien zufolge wird die Personallücke im medizinischen Bereich 2030 auf fast eine Million Personen anwachsen. Dabei wird davon ausgegangen, dass 165.000 Ärzte und 800.000 nicht-ärztliche Fachkräfte fehlen werden.

Dies liegt unter anderem daran, dass es an Nachwuchs mangelt. Immer mehr Fachkräfte gehen in den Ruhestand, ohne dass deren Stellen neu besetzt werden können. Gerade in der Pflege brechen viele Auszubildende ihre Ausbildung vorzeitig ab. In den Hochphasen der globalen Corona-Pandemie mussten Krankenhäuser vermehrt Abwanderungen und Kündigungen meistern.

Corona Pandemie verschärft die Lage

Der Marburger Bund warnt auch vor steigendem Fachkräftemangel infolge der Corona Pandemie, da für viele Beschäftigte die Belastungen zu hoch geworden sind. Nach dem ersten Corona-Winter sei die Stimmung noch optimistisch gewesen, da die Infektionszahlen rückläufig waren und die Impfkampagne bevorstand. Dass aber aufgrund mangelnder Impfbereitschaft der zweite Winter jedoch ähnlich verlaufen würde, führte viele Fachkräfte dauerhaft zur Abkehr von der Patientenversorgung.

Weitere Ursachen des Pflegekräftemangels sind vor allem zu wenig Gehalt, aber auch zu wenig Personal, was sich in zu wenig Zeit für hochwertige Pflege und menschliche Zuwendung äußert. Zudem fühlen sich die meisten Mitarbeiter zu wenig wertgeschätzt und von ihren Vorgesetzten gehört. Die hohen Belastungen wirken sich auf Dauer auch auf die Gesundheit aus, weshalb viele Mitarbeiter nicht bis zur Rente in diesem Beruf tätig sind und früher im System fehlen.

Neue Personalkonzepte und Digitalisierung

Der Marburger Bund fordert daher die Krankenhäuser zum Umdenken auf. Gute Personalkonzepte, die nicht bewusst „auf Kante genäht“ sind, müssen erstellt werden, um Versorgungsengpässe, Überbelastung und Demotivation spätestens in Phasen starken Patientenaufkommens zu verhindern. Ein weiterer wichtiger Aspekt, um den Mitarbeitern mehr Zeit am Patienten zu ermöglichen, ist die Entbürokratisierung der Prozesse.

Dies kann unter anderem durch die Digitalisierung vorangetrieben werden. Technische Innovationen können Ärzte und insbesondere das Pflegepersonal auch administrativ entlasten. Mit dem „Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege“ hat die Bundesregierung im Mai 2021 bereits die Weichen für einen Schritt in diese Richtung gestellt. Es beinhaltet unter anderem die Weiterentwicklung von Patientenakten und Telemedizin sowie die Förderung der digitalen Vernetzung. Darüber hinaus könnte Robotik eingesetzt werden, um das Personal auch körperlich zu entlasten.

Patientenassistenz und Fachkräfte aus dem Ausland

Dass neue Wege Fachkräftemangel in Kliniken vorbeugen können, beweist zum Beispiel das Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide. Hier haben im März 2021 zehn Mitarbeiterinnen die Qualifizierungsmaßnahme zur Patientenassistenz erfolgreich abgeschlossen. Sie können damit einfache grundpflegerische Aufgaben übernehmen und dadurch examinierte Pflegekräfte auf den internistischen Stationen unterstützen und entlasten, da im Arbeitsalltag eine Reihe von Tätigkeiten anfallen, die von geschultem Personal, aber nicht zwingend von Pflegefachkräften durchgeführt werden müssen.

Eine weitere, effiziente Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist über die Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland. Vor allem in Drittstaaten außerhalb der EU besteht ein großes Potential, qualifizierte und motivierte Fachkräfte anzuwerben. Spezialisierte Agenturen und von der Bundesregierung unterstützte Programme helfen dabei, für medizinische Einrichtungen in Deutschland qualifiziertes Personal aus dem Ausland anzuwerben und bürokratische Hürden zu meistern. So empfingen beispielsweise die Sana Kliniken in Biberach im März 2021 drei Pflegekräfte von den Philippinen. Eine zertifizierte Agentur rekrutierte die neuen Mitarbeiter, organisierte deren Anreise und bereitete sie unter anderem durch Sprachkurse und Lektionen im kulturellen Umgang auf ihre neue Tätigkeit in Deutschland vor.

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